Ein gutes Jahr ist nun vergangen seit dem letzten Blog-Artikel. Eine Zeit des Wartens! Und so habe ich angefangen über das Warten nachzudenken, ihm Aufmerksamkeit zu schenken und seine Qualitäten näher zu betrachten.
Im Herbst 2023 ist dann aus den Gedanken ein Gedicht entstanden, welches ich diesem Blog-Artikel auch beilege. Zuerst aber, möchte ich mit euch einige Gedanken über das Warten teilen.
Warten liegt dem Leben zugrunde. Wir werden geboren und vor uns liegt ein endliches Leben. Im Grunde warten wir vom Zeitpunkt der Geburt an auf den Zeitpunkt unseres Todes. Nur sind wir uns dessen nicht so bewusst. Stehen wir bei der Passkontrolle an, so können wir abschätzen, wann wir an der Reihe sind. Wir sehen wie viele Menschen vor uns noch warten. Bezogen auf unsere Lebensdauer können wir das nicht. Der Zeitpunkt, an dem wir von unserem Körper Abschied nehmen, bleibt ein Geheimnis.
Warten ist eng verknüpft mit den Qualitäten Geduld, Zufriedenheit, Akzeptanz und Gleichmut.
In unseren Breitengraden leben wir in einer ungeduldigen Gesellschaft. Die wenigsten Menschen warten gerne. So möchten wir in der Warteschlange bereits an der Reihe sein und am Montag sollte bereits Freitagabend sein. Die Feiertage sollten auch schon vorbei sein und die Kinder wünschen wir bereits aus den Windeln oder aus der Schule. Wir warten ungeduldig auf den Anruf der Freundin, darauf, dass der Handwerker doch endlich vorbei kommen und dass die Blumen im Garten doch am Wochenende blühen mögen, da wir dann Besuch erwarten. Wir sind unzufrieden mit den Jahreszeiten und dem Wetter, möchten, dass der Winter bald vorbei ist oder es doch endlich aufhört zu regnen, und die Hitze möchten wir auch am liebsten überspringen usw. Beobachten wir unseren Alltag genau, so begegnen wir vielen kleinen Ungeduldsmomenten, Unzufriedenheiten, Widerständen und Ablehnungen. Manche dieser Momente erleben wir offensichtlicher, als andere, die fast unscheinbar daherkommen. Es bleiben aber alles Augenblicke, in denen wir etwas anders haben wollen, als das Leben uns den Augenblick schenkt. Im Innersten sträuben wir uns gegen den aktuellen Moment, wir kosten ihn nicht aus in seinen Möglichkeiten, es regen sich Unzufriedenheit und Ungeduld und über unsere Wahrnehmung legt sich ein feiner Schleier, der verhindert, dass wir die Schönheit des Augenblicks erkennen. Dass wir erkennen, wer neben uns steht und uns zulächelt, während wir auf den verspäteten Zug warten; dass wir erkennen, wie sich das Gras im Regen gegen den Himmel empor streckt; dass wir uns an der Freude und dem Stolz in den Augen der Kinder erfreuen, wenn sie sich eigenständig anziehen wollen; dass wir die Vorfreude im Herzen spüren, wenn wir im Sommer in einer langen Warteschlange auf unser Gelato warten; dass wir die Dankbarkeit fühlen für unseren Wohlstand, wenn wir mit vollem Einkaufswagen an der Kasse anstehen; dass wir die Fülle in uns selbst erkennen, wenn wir einfach nur sitzen und nichts tun.
Erkennen wir, was Warten wirklich ist, so wird Warten zu gefülltem Sein, zu einem freudigen Moment. Das Warten löst sich auf und wir beginnen zu leben!
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Barbara (Sonntag, 14 April 2024 17:54)
Liebi Susanne ig ha ou dörfe lehre das warte schön cha si, i läbe chli bewusster u nime jede Tag wie är chunnt . Gönne mir Zyt zum nüt mache u ha Geduld mit mir säuber uf mim Wäg ...
Danke für die schöne Wort u i drücke di . Liebs Grüessli
Thomas Aebischer (Montag, 15 April 2024 15:22)
Wann haben wir die Möglichkeit Zeit bewusst zu erleben? Richtig - beim Warten!
So gesehen, ist warten eigentlich etwas Positives.